Ihr habt euer Manuskript fertig und überarbeitet? Dann ist es womöglich an der Zeit, ein paar Probeleser zu suchen, die euer Werk genauer unter die Lupe nehmen und auf Herz und Nieren prüfen.

Wozu ihr einen Probeleser braucht
Ein Wort: Betriebsblindheit. Ihr kennt eure Geschichte in- und auswendig und je länger ihr euch mit eurer Geschichte beschäftigt, umso schwerer wird es, den Text objektiv zu betrachten (insofern das überhaupt möglich ist) und selbst offensichtliche Mängel zu finden. Als Autor weiß man immer, was man eigentlich sagen wollte – was nicht immer das ist, was letzten Endes auch im Text steht. Ebenso weiß man um Zusammenhänge, selbst wenn sie nicht, oder nur unzureichend, erläutert werden.
Probeleser helfen uns, Schwachstellen zu finden: Farblose Charaktere, Beschreibungen, die keine Bilder erzeugen, langatmige Szenen …. Das sind zwar alles Dinge, die wir tief in unserem Inneren gar nicht hören wollen, allerdings können wir uns ohne solche Rückmeldungen nur sehr schwer weiterentwickeln.
Wie und wo ihr einen Probeleser findet
Das ist schwer zu beantworten. Die meisten finden ihre Probeleser im Freundeskreis, in der Familie oder über Schreibforen.
Oft wird davon abgeraten Familienmitglieder und Freunde als Probeleser einzusetzen, da die Gefahr besteht, keine ehrliche Kritik zu bekommen. Ich bin der Meinung, dass es eher auf die Persönlichkeit ankommt als auf das Beziehungsverhältnis und dass ihr selbst am besten einschätzen könnt, von wem ihr ehrliche Kritik erwarten könnt und von wem nicht.
Wenn ich überschwängliches Lob für mein Manuskript von meiner Mutter erhalte, freue ich mich zwar, bin mir aber gleichzeitig darüber bewusst, dass ich das auch für einen Aufsatz auf Grundschulniveau erhalten hätte. Wenn ich dagegen von meinen Freundinnen gelobt werde – die auch kein Problem damit haben, mich für richtig blöde Sätze auszulachen und mich noch Jahre später damit aufzuziehen – dann ist das schon mehr wert.
Einen Fremden zum Probeleser zu machen, kann unter Umständen etwas Überwindung kosten. Nicht umsonst wird der eigene Roman oftmals als „mein Baby“ bezeichnet – und das drückt man schließlich auch nicht jedem in die Hand.
Neben der ehrlichen Kritik sollte aber in diesem Fall ein weiterer wichtiger Vorteil nicht außer Acht gelassen werden: Zumeist sind die Probeleser, die man über Schreibforen findet selbst Autoren. Sie kennen sich mit der Materie aus und können Probleme erkennen (und auch bei deren Lösung helfen), die ein normaler Leser nicht einmal benennen kann.
Vor dem Probelesen
Bevor eure Probeleser loslegen, solltet ihr ihnen mitteilen, welche Erwartungen ihr an sie habt. Manche Autoren wollen verbesserungswürdige Sätze nur markiert bekommen und mögen es nicht, wenn Probeleser Änderungsvorschläge machen; andere wiederum sind dankbar für solche Anregungen, weil sie eigentlich selbst schon erkannt haben, dass der eine oder andere Satz unschön war, aber nicht recht wussten, wie sie ihn verbessern könnten.
Im Nachfolgenden eine kleine Liste mit Themen, die ihr möglicherweise abklären wollt:
- Gibt es etwas, worauf der Probeleser besonders achten soll? (Zeichensetzung, Rechtschreibung, …?)
- In welchem Format soll das Manuskript abgegeben werden? PDF, .doc, .docx, .odt, E-Book-Reader kompatibel oder ausgedruckt? (Dieser Punkt ist besonders wichtig, da z. B. nicht jeder Microsoft Office Dokumente öffnen kann)
- Ob ihr ein Kapitel nach dem anderen verschicken sollt oder das ganze Manuskript auf einmal
- Der Abgabetermin. Um Frust auf beiden Seiten zu vermeiden, solltet ihr einen Zeitraum wählen, der dem Umfang des Manuskripts angemessen ist. (Außerdem solltet ihr vor Ablauf des Termins nicht ständig nachfragen, wie weit der Leser ist, um ihn nicht unnötig unter Druck zu setzen.)
Der Fragenkatalog
Manchmal kann es hilfreich sein, auf das Manuskript abgestimmte Fragen mitzuschicken, um das Feedback zu bekommen, das ihr auch wirklich braucht. Je nach Art der Fragen ist es auch besser den Fragenkatalog erst dann zu verschicken, wenn der Testleser fertig ist, um nicht zu viel vom Inhalt vorwegzunehmen (War es offensichtlich, dass Peter der Mörder war?), oder den Leser nicht dazu zu verleiten, schon mit dem Antworten anzufangen, ohne alles gelesen zu haben. Allerdings solltet ihr euren Probeleser fairerweise vorwarnen, dass ihr diesen Katalog für ihn vorbereitet habt.
Hier ein paar Beispielfragen:
- Welche Figur fandest du am besten / am schlechtesten und wieso?
- Gab es Stellen, die für dich unlogisch und nicht nachvollziehbar waren? Wenn ja, welche?
- Sind am Ende des Romans Fragen offen geblieben?
Rezension schreiben lassen
Ich weiß nicht mehr, wo ich diesen Tipp aufgeschnappt habe, aber anscheinend soll diese Methode gut funktionieren und wertvolles Feedback geben. Euer Leser soll sich einfach vorstellen, dass er eine normale Kundenrezension, wie beispielsweise bei Amazon üblich, schreiben soll. Das gibt ihm die Möglichkeit, völlig frei auf Stärken und Probleme der Geschichte einzugehen, die mit Fragen womöglich nicht abgedeckt wurden.
Habt ihr bereits Erfahrung mit Probelesern gesammelt? Falls ihr Tipps und Tricks zu teilen habt, sind wir äußerst gespannt darauf! 🙂
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